Der Honigmann

Die Visitenkarte von Christian Neumann weckt unsere Neugier. „Stadtführung Bremen Altstadt – Imkerei – Honig – Apfeldirektsaft – Apfelwein – Honiglikör“ ist unter anderem darauf zu lesen und lässt auf einen umtriebigen Menschen schließen. Einen kurzweiligen Hausbesuch später können wir sagen: „umtriebig“ ist leicht untertrieben. Der Herr könnte ein ganzes Buch unterhaltsam damit füllen, womit und wie er sich selbstständig gemacht hat oder an Jobs gekommen ist. Um im Rahmen zu bleiben, fokussieren wir uns hier auf seine Tätigkeit als Imker. Wer die anderen Geschichten hören möchte, sollte ihn einfach direkt kontaktieren – für ein nettes Pläuschen ist der Rentner – sofern es sein Terminkalender  zulässt – immer zu haben.

Joniggläser mit Gröpelinger Honig

Sind Sie hauptberuflich Imker?

Ich mache das nebenberuflich. Allerdings ist das so: bei mir sind das ein paar mehr Bienen. Es ist kein reines Hobby mehr, das Ganze bereitet schon Arbeit. Es sind zurzeit um die zwanzig Bienenvölker, da hat man gut zu tun. Auf der anderen Seite muss ich sagen: ich mache das schon sehr lange. Ich bin Anfang der 80er Jahre durch einen Nachbarn darauf gekommen.

 

Wie ist das genau passiert?

Das war im Jahre 1983. Da wohnte ich noch außerhalb, Richtung Bremervörde. Eines Tages  besuchte ich einen Nachbarn, den ich  nicht Zuhause antraf, obwohl ich mit ihm einen Termin ausgemacht hatte. Seine Frau wusste auch nicht, wo er steckt. Ihr Mann wollte zu seinem Bienenvolk fahren und war nicht rechtzeitig zum Mittagessen zurück. Also fahre ich da hin –  und da liegt er vor seinem Bienenvolk und war nicht mehr ansprechbar. Ergebnis Bienenstich! Er kam ins Krankenhaus, in ärztliche Untersuchung und erst da stellte sich heraus: er ist hochgradig allergisch gegen Bienengift. Eine Woche lang musste er im Krankenhaus verbringen und in der Zeit habe ich mich um das Bienenvolk gekümmert. Ich hatte keine Ahnung von der Sache, wollte aber seiner Frau einen Gefallen tun, weil da gerade die Schleuderzeit angesagt war, und der Honig raus musste. Gottseidank bekam ich Hilfe von einem älteren Imker, der mich eingewiesen hat. Durch ihn bin ich an der Sache dran geblieben und habe später auch bei ihm ausgeholfen, insbesondere bei den körperlich schweren Dingen. Am Ende hat er mir aus Dankbarkeit drei Bienenvölker geschenkt. Und schon war ich selbst Hobbyimker.

„Und da habe ich gesagt, die nehme ich, sofort! Und schon war ich selbst Hobbyimker.“

Wer sind denn Ihre Kunden?

Meine Kunden – das ist hier die Nachbarschaft und jetzt neuerdings auch der Weinladen im Pastorenweg, Pilgino. Der meldet sich öfters mal bei uns. Die machen immer so kleine Veranstaltungen, Weinverkostungen und dann ist auch schon mal mein Honig dabei. Zum anderen habe ich einen sehr großen Freundeskreis, der sich durch ganz Deutschland zieht bis zur Schweiz und die bestellen bei mir auch.

 

Wie viele Stunden wenden Sie in der Woche für die Imkerei auf?

Man kann das nicht einfach berechnen wie bei  jemandem, der im Büro angestellt ist.  Man kann bei den Bienen immer nur in Jahreszeiten denken. Im Winter muss man viel vorbereiten, hauptsächlich die Holzkästen, in die die Bienen ihre Waben reinbauen. Ein ganz großer Vorteil bei den Bienen ist: man kann die im Sommer bis zu 10 Tage alleine lassen. Also alle 10 Tage muss man mal reingucken, was die so machen.

 

Wo wohnen Ihre Bienenvölker?

Meine Bienenvölker habe ich gar nicht weit weg von hier, beim Wassersportverein. Dort habe ich einen Garten gepachtet, da steht ein Teil meiner Bienen. Meine Jungvölker habe ich meistens da. Der zweite Teil befindet sich am Oslebshauser Bahnhof, da befinden sich nämlich ganze Lindenblütenalleen drum herum – und ich bin scharf auf den Lindenhonig! Zurzeit befinden sich alle sogenannten Wirtschaftsvölker, die also Honig liefern sollen, da.

 

Wie viel Honig kommt denn durchschnittlich im Jahr bei Ihnen rum?

Im Durchschnitt kann man rechnen – wenn man schlechte Jahre hat, das gibt’s auch, wenn das Wetter nicht mitspielt! – 20 Kilo. Aber im Schnitt kann man sagen 25 bis 35 Kilo pro Volk. Wenn sehr gute Jahre kommen, dann kann das auch mehr werden. Gelegentlich, so alle 3-4 Jahre, hat man auch mal 40 bis 45 Kilo. Wenn man dann 20 Völker hat, kommt da schon einiges zusammen.

Wie würden Sie Ihren Arbeitsplatz beschreiben?

Mein Büro ist bei mir zu Hause. Ich habe hier auf meinem PC eine ziemlich umfangreiche Kartei drauf und muss auch immer so ein bisschen Tagebuch führen. Also, zum einen, weil es heute ziemlich viele Seuchen gibt. Sie kennen das von der Vogelgrippe, sowas gibt es auch bei den Bienen. Deshalb muss jeder, der Bienen hält, die anmelden beim Veterinäramt. Der Friedrich Pohl, der Chef vom Bremer Veterinäramt, pflegt einen dann ein in eine Kartei. Wenn dann eine Seuche kommt, sorgt der dafür, dass alle informiert werden und dann gibt’s die Nachricht: Alle Bienen einsperren! Oder wenn die Bienen gesund sind: Das Gebiet verlassen!

 

Sind Sie gut vernetzt mit anderen Imkern aus der Gegend?

Ja, ich kenne hier rund herum alle meine Bienenkollegen. Wir sind hier in Bremen etwa 230 organisierte Imker, die halten dann alle zusammen. Zum Beispiel, wenn ein Bauer Insektengift gespritzt hat und deshalb Bienen gestorben sind. Viele kennen dann auch bestimmte Gegenden, dann tauscht man sich gegenseitig aus und dann kommt man ziemlich schnell darauf, welcher Bauer das gewesen sein muss.

 

Was macht Gröpelingen für Sie aus?

Eigentlich war es ja ein Zufall, dass ich in Gröpelingen gelandet bin.  Inzwischen wohne ich aber sehr gerne hier. Ich kann hier meiner Imkerei nachgehen, und das nahezu ungestört. Der Garten, den ich gepachtet habe, ist sehr günstig. Meistens muss man ja zu einem Verein gehen und ein Grundstück pachten du die Laube, die da drauf steht, die man dem Vorpächter abkaufen muss und das ist natürlich sehr teuer. Zufällig war der Vorsitzende vom Wassersportverein sowieso auf der Suche nach einem Imker! Der hatte ein Grundstück, was er nicht loswurde, weil da eine ordentliche Laube fehlte. Deshalb habe ich das Grundstück für den halben Pachtpreis bekommen.

 

Würden Sie junge Leute ermuntern,  sich als Imker selbstständig zu machen oder den Beruf zu erlernen?

Ja. Die Imkerei gehört allerdings nicht zu den einfachen Ausbildungsberufen, Mindestabschluss Realschule und drei Jahre Lehrzeit. Der zweite Minuspunkt: Es gibt nicht viele freie Stellen hier in Norddeutschland. Zwei Drittel des Honigs, der in Deutschland gegessen wird, muss importiert werden, weil hier gar nicht so viel produziert wird.  Dafür steigt aber die Nachfrage nach regionalen Produkten stark! Ich merke das bei mir selbst: Als ich in den 80-er Jahren anfing,  wollte man meinen Honig nur haben, wenn der das einheitliche deutsche Imkerbundetikett hatte. Jetzt ist es umgedreht, und dabei ist es derselbe Honig. Habe ich das Imkerbundetikett drauf, produziere ich Ladenhüter! Nehme ich aber mein eigenes Etikett, rufen die Leute andauernd an und fragen, ob ich noch was von meinem Honig da habe. Es gibt spezialisierte Firmen beim deutschen Imkerbund, das sind Fachleute, die helfen einem beim Etikettenentwurf.

 

Zum Schluss unseres Interviews legt uns Christian Neumann den „Tag der offenen Tür“ des Bremer Imkervereins ans Herz. Dieser findet am 6. August 2017 zwischen 10 und 12 Uhr am Lehrbienenstand in Oberneuland statt:

Tage der offenen Tür (Website des „Imkerverein Bremen von 1875 e.V.“)