Paint it! Stromkasten-Kunst bringt Farbe ins Quartier

Über 40 Strom- und Postablagekästen gibt es im Gröpelinger Liegnitzquartier. Manche Kästen sind langweilig grau, andere sind schon ziemlich schmuddelig, vermoost oder mit Plakaten beklebt.
Im Rahmen des Projekts „Paint it – Stromkasten-Kunst im Liegnitzquartier“ von EUROPA ZENTRAL wurden zwischen Mai und September 2022 insgesamt 18 dieser Kästen verschönert. An der Aktion beteiligten sich nicht nur ansässige Künstler:innen und kreative Nachbar:innen, Kinder wie Erwachsene, sondern auch lokale Institutionen wie das Haus Neuland, Mobiles Atelier, Martinsclub, Mädchen*zentrum und der Weinladen camVino.
Die individuelle Gestaltung war frei. Zuvor mussten die Kunstschaffenden jedoch einen Entwurf einreichen (die Kästen sind Eigentum der Netzbetreiber wie swb oder Telekom) und natürlich musste der Kasten für die Bemalung vorbereitet, d.h. gereinigt und grundiert werden.
Die Antragstellung und die gesamte Koordination übernahm Valeska Fix von Kultur Vor Ort, die auch die Mitmachenden mit Material und Farben versorgte. Zu Abschluss erhielten alle fertigen Kästen einen QR-Code, über den Informationen zu Künstler:innen, Motiv und Standort auf einer digitalen Karte (Google Maps) aufgerufen werden können.

Bei einem Stadtteilrundgang stellten Gestalter:innen und Interessierte zufrieden fest: Die Mühe hat sich gelohnt. Die bunten Kästen sorgen für farbige Abwechslung im Alltag und gefallen auch den (meisten) Anwohner:innen.
Gröpelingen ist einer der ersten Standorte in Bremen, an dem die vom Senator für Inneres geförderte Stromkastengestaltung umgesetzt wurde. 2023 folgt womöglich die Fortsetzung des Projekts. Ideen und verschmutzte Kästen gibt es genug.

 

Die Idee

Ausgangspunkt für das Projekt war die Idee, den öffentlichen Raum bzw. die städtische Infrastruktur in Form von Stromkästen durch künstlerische Eingriffe einerseits zu verschönern, andererseits durch Bezugnahme auf den Stadtteil und die Verwendung gleichen Materials (Farben, Pinsel) eine gemeinsame Basis zu schaffen. Die Weitergabe einer gemeinsam genutzten Materialkiste förderte zusätzlich die Möglichkeit des Kennenlernens und Vernetzens untereinander.

Die an diesem Projekt Beteiligten – vom vierjährigen Kind in der Malgruppe bis zum pensionierten Kunstlehrer – haben jeweils ihre individuelle Sichtweise auf den Ort durch eigene Motive umgesetzt. Die Ideen wurden in Gesprächen während des Gestaltungsprozesses festgehalten, die Ergebnisse fotografisch dokumentiert. Die Gestaltungen sind gleichberechtigt, vielfältig und erwecken einen Teil des öffentlichen Raumes im Liegnitzquartier neu zum Leben. Auf einem abschließenden Rundgang wurden alle Kunstwerke aufgesucht, vorgestellt und diskutiert.

 

Hürden der Organisation

In Vorbereitung auf die Kunstaktion wurden im Liegnitzquartier 40 Strom-, Telekom- und Postablagekästen zur Verschönerung des Stadtbilds ausgewählt und versucht, die jeweiligen Betreiber:innen zu ermitteln. Da dies nicht vollständig gelang, beschränkte sich die Endauswahl auf 20 Kästen.

Nach einem öffentlichen Aufruf konnten sich Interessierte aus dem Stadtteil – Einzelpersonen oder Gruppen – bewerben, die Lust hatten, die Kästen künstlerisch zu gestalten. Es gab hierbei keine inhaltlichen Auflagen. Als Community-Projekt wurden gezielt Anwohner:innen in Gröpelingen angesprochen. Kultur Vor Ort organisierte auch die Kommunikation mit den Inhabern (swb, Telekom, Großmarkt Bremen), reichte die künstlerischen Entwürfe ein und nahm Genehmigungen entgegen.

Als Voraussetzung für die Bemalung mussten die Kästen zuerst gesäubert und grundiert werden. Erst dann erfolgte die eigentliche Gestaltung. Die Materialien stellte Kultur Vor Ort zur Verfügung. Durch die Verwendung einheitlicher Farben wurde der Gemeinschaftsaspekt des Projekts auch visuell deutlich.

 

Über die Architektur der grauen Kästen

Auch wenn niemand genau weiß, was sich genau in ihnen verbirgt, Strom- und Telefonverteilerkästen stehen fast an jeder Ecke. Als (sichtbarer) Teil der Infrastruktur sind sie notwendig für das Funktionieren der Stadt, denn sie verteilen den Strom beziehungsweise Telefon- und Internetanschluss zu den Hausanschlüssen. Dabei erscheinen die grauen Kästen vielen so selbstverständlich, dass sie kaum mehr bewusst wahrgenommen werden.

Der Architekturforscher Vittorio Magango Lampugnani beschreibt Stromkästen ähnlich wie Straßenlaternen oder Gullydeckel als „Mikroarchitekturen oder „Einrichtungsgegenstände des urbanen Raums“, die genauso wie die große Architektur (Häuser, Denkmäler, Brücken) das Antlitz einer Stadt prägen. Durch die künstlerische Gestaltung wurden die Kästen nun zu individuellen Wegmarken im Quartier.

 

Projektleitung: Valesca Fix / Text: Eva Determann