Co-Working-Spaces und Repair Cafés sind derzeit die Aushängeschilder urbaner Kultur.
Ein besonderer Ort in Gröpelingen vereint beides und ist dabei noch viel mehr: Im Schlauchturm der Alten Feuerwache betreibt Erwin Weide ehrenamtlich mit Unterstützung des Vereins „Bunte Berse“ seit 2014 eine Holzwerkstatt. Bewohner/-innen des Stadtteils haben hier schon ihre Möbel repariert und eigene Bauvorhaben umgesetzt. Im Stiftungsdorf steht Erwin Weide auch für kleine Hilfeleistungen bei den Bewohnern zur Verfügung und initiiert ein Bastelangebot für die Wohngruppe von Friedehorst.
Die Eingangstür der Holzwerkstatt liegt vis-à-vis zu der des Kinder- und Jugendateliers im Atelierhaus Roter Hahn– co-working at its best. Während der Kunstwerkstätten wird hier das Spektrum der Ateliergruppen vergrößert: mehrere Kinder können ihr Thema in der Werkstatt unter Anleitung umsetzen. „Dabei lernen sie, den Werkstoff adäquat zu bearbeiten und dafür das notwendige Werkzeug richtig einzusetzen“, erklärt Erwin Weide, und: „Neben handwerklichen Fähigkeiten, Motorik und Kreativität schulen die Kinder insbesondere ihre Ausdauer, weil ein Stück Holz noch einmal andere Anforderungen stellt als Papier oder Ton.“
Der Tischler und Lehrer im Ruhestand, der schon in vielen sozialen Projekten, unter anderem auch in Westafrika, gearbeitet hat, ist auch außerhalb seiner Werkstatt viel gesehen auf Gröpelingens Pflaster. Dabei ist der 69-jährige erst als Rentner in den Bremer Westen gezogen. Gemeinsam mit seiner Frau Sabine Menke wollte er – statt weiter in Bremen-Nord – näher an der City wohnen, „lebendiger und nahe an kulturellen Angeboten“,wie er erzählt. Nicht zuletzt die Feuerspuren gaben den Ausschlag für Gröpelingen: „Wir dachten, das wäre ein verkaufsoffener Sonntag und fanden ein fantastisches Festival“, ist Erwin Weide heute noch begeistert.
Engagement über den eigenen Gartenzaun hinaus und Mitwirken bei der Entwicklung des Stadtteils war und ist beiden immer wichtig. Einiges haben sie schon ausprobiert an gemeinschaftlichem Wohnen im „Bunte Berse“ Quartier in Kombination mit sozialen Stadtteil-Projekten. Nicht alles hat funktioniert. Aber über Angebote in der Holzwerkstatt hat sich eine Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingswohnheim und dort besonders mit einer Gruppe junger Menschen aus Eritrea entwickelt. „Mit ihnen treffen wir uns alle zwei Wochen, um Unterstützung bei Problemen zu leisten und ihre Deutschkenntnisse zu vervollständigen. Inzwischen sind drei von ihnen in einer Ausbildung“, berichtet Erwin Weide. Er fügt aber auch hinzu, dass es nicht um eine Hauruck-Integration gehe: „Wir helfen allen behutsam, sich hier zurechtzufinden und das Leben aktiv zu gestalten.“
Sich in einer zunächst fremden Umgebung zurechtfinden kennt der Neu-Gröpelinger selbst. Über Kultur vor Ort konnte er jedoch viele Kontakte im Stadtteil knüpfen. Der Verein Kultur Vor Ort e.V. wiederum bietet ihm z.B für seine Öffentlichkeitsarbeit eine gute Plattform, mit der Holzwerkstatt und weiteren Ideen bekannter zu werden und vor allem neue Netzwerke aufzubauen. Die Argonautenschiffe, die von den Atelier-Kindern in seiner Werkstatt gebaut wurden, sind dafür schon einmal voraus gefahren.