Eine Zwischenbilanz von Kultur Vor Ort e.V. zur Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele.
17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung
2015 einigten sich die Vereinten Nationen auf die Umsetzung der sogenannten 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals – SDGs). Diese sollen dazu beitragen, dass sich die Welt sozial, wirtschaftlich und ökologisch besser entwickelt – auch für die nächsten Generationen. Klimaschutz spielt dabei eine genauso wichtige Rolle wie die Bekämpfung von Hunger und Armut oder bessere Bildungschancen.
Auch Deutschland verpflichtete sich mit Unterzeichnung der Agenda für nachhaltige Entwicklung (Agenda 2030) zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele bis zum Jahr 2030. Seitdem wurde viel diskutiert, passiert ist aber (zu) wenig.
Kultur Vor Ort e.V. will dazu beitragen, diese elementaren Nachhaltigkeitsziele vor Ort umzusetzen – praktisch, lebensnah und wirksam. Seit mehr als 20 Jahren baut der Verein eine Infrastruktur für Kultur und Bildung im Stadtteil Gröpelingen auf mit dem Ziel, eine solidarische und demokratische Stadtteilentwicklung im Quartier voranzutreiben.
Orte der Bildung, Kultur und Events wie das Torhaus Nord, Atelierhaus Roter Hahn, das Lichthaus und das Quartiersbildungszentrum Morgenland und Nachbarschaftstreffs im Liegnitzquartier und Bromberger Viertel sind dabei entstanden. Zusammen mit Schul- und Kitaleitungen und den lokalen Bildungsträger:innen wurde eine lokale Bildungslandschaft aufgebaut, bei der formale und kulturelle Bildung für Kinder, Jugendliche und Weiterbildung für Erwachsene erfolgreich verzahnt wird und die durch die mehrsprachige Aufsuchende Bildungsberatung nachhaltig unterstützt wird.
Wir haben mit dem Blick auf die 17 Ziele unsere Mitarbeiter:innen und unseren Vorstand ganz aktuell befragt: Wie kann Kultur Vor Ort noch mehr zur Umsetzung der SDGs beitragen? Welche Ziele werden von uns mehr oder weniger stark berücksichtigt? Wo können wir im Stadtteil wirksam anknüpfen, um die SDGs zu erreichen?
In Bezug auf unsere Arbeit ergaben sich dazu folgende Schwerpunkte:
- Engagement für Armutsbekämpfung (Nachhaltigkeitsziel 1)
- Engagement für gute Gesundheit (Nachhaltigkeitsziel 3)
- Engagement für hochwertige (kulturelle) Bildung (Nachhaltigkeitsziel 4)
- Engagement für Geschlechtergerechtigkeit (Nachhaltigkeitsziel 5)
- Engagement für nachhaltige Städte und Gemeinden (Nachhaltigkeitsziel 11)
- Engagement für Klimaschutz (Nachhaltigkeitsziel 13)
Unter den folgenden Punkten sind Kurzdarstellungen, wie wir unsere Aktivitäten auf einzelne SDGs ausrichten.
Nachhaltigkeitsziel 1: Keine Armut
Armut in jeder Form und überall beenden.
Auch wenn die Auswirkungen von Armut weltweit sehr unterschiedlich sind, eint sie doch folgendes: Armut bedeutet immer einen Mangel an Möglichkeiten. Wer von Armut betroffen ist, hat ein geringes Einkommen, schlechte Bildungschancen und ist häufiger krank. Wer arm ist, kann meist nur eingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.
Gröpelingen ist ein Stadtteil, in dem bremenweit die meisten Menschen in Armut oder mit einem großen Armutsrisiko leben. Armutsbekämpfung besitzt daher für Kultur Vor Ort einen hohen Stellenwert. In unserer Kultur- und Bildungsarbeit fördern wir Kinder, Jugendliche und Erwachsene, um ihre Chancen in Bildung, Weiterbildung und Beruf und damit Selbstwertgefühl und Selbstwirksamkeit zu stärken. Unsere Projektangebote sind günstig bzw. weitestgehend kostenfrei, um allen die Teilhabe zu ermöglichen.
Zudem unterstützen wir Gründer:innen und Entrepeneurs aus dem Stadtteil, bieten dem Einzelhandel und u.a. den Kreativen Räume, Bühnen und Möglichkeiten zur Ideenentwicklung und Präsentation. Durch Netzwerkarbeit (Kontakte und Kommunikation in Landes- und Lokalpolitik) und aktive Stadtteilentwicklung stärken wir lokale Strukturen, um systemische Benachteiligungen zu mindern.
Nachhaltigkeitsziel 3: Gute Gesundheit und Wohlergehen
Den Zugang zu guter medizinischer Versorgung, gesunder Ernährung, sauberem Wasser und guter Luft ermöglichen.
Die Angebote von Kultur Vor Ort im Kultur-, Bildungs- und Stadtmarketingbereich zielen auf die allgemeine Verbesserung des Lebensumfelds. Mit konkreten Angeboten wie z.B. ApfelKulturParadies, Kinderatelier Roter Hahn und der saisonalen Weserfähre tragen wir zum psychischen und physischen Wohlergehen der Bewohner:innen von Gröpelingen bei.
Wir entwickeln und unterstützen konkrete Maßnahmen zur Stadtteilentwicklung (im Rahmen des Integrierten Entwicklungskonzeptes IEK, Wohnraumsanierung, Fahrradwege, Nahverkehr, Orte der Natur- und Erlebnispädagogik), die der allgemeinen Gesundheit dienen.
Nachhaltigkeitsziel 4: Hochwertige Bildung
Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten des lebenslangen Lernens für alle fördern.
Durch kulturelle Bildung werden zentrale Grundlagen für unsere Gesellschaft und ihre Zukunft geschaffen. Kultur Vor Ort bietet in enger Kooperation mit Kitas, Schulen und anderen Trägern Bildungsangebote für verschiedene Bedarfe an.
Mit Nachbarschaftstreffs (Mosaik, Kunstkiosk, Mobiles Atelier) und einer aufsuchenden mehrsprachigen Bildungsberatung wenden wir uns gezielt an diejenigen Menschen im Stadtteil, bei denen der Zugang zu Bildungseinrichtungen, Kunst und Kultur nicht selbstverständlich ist. Dabei ist unsere Arbeit immer ressourcen- und niemals defizitorientiert.
Nachhaltigkeitsziel 5: Geschlechtergleichstellung
Beseitigung aller Formen der Diskriminierung und der Gewalt gegen Frauen und Mädchen und Befähigung zur Selbstbestimmung
Chancenungleichheit besitzt in dieser Gesellschaft eine lange Tradition. Die Forderungen von gleichem Lohn für gleiche Arbeit oder nach Frauen in Führungspositionen sind nach wie vor aktuell.
Kultur Vor Ort etabliert Treffpunkte, um auch gezielt Frauen und Mädchen Möglichkeiten der Teilhabe, Partizipation und Vernetzung zu bieten. Genderfragen sind Bestandteil unserer kreativen Angebote, Veranstaltungen und Team-Reflexionen. Sichtbarer Ausdruck dieser Haltung ist die Verwendung gendersensibler Sprache.
Nachhaltigkeitsziel 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden
Ziel 11 hebt die Bedeutung von Städten und Gemeinden als Akteuren nachhaltiger Entwicklung hervor. Stadtentwicklungspolitik umfasst kulturelle, soziale und ökologische Aspekte.
Eine gute Vernetzung mit Anwohner:innen, Händler:innen und Institutionen ermöglicht Kultur Vor Ort passgenaue Kulturangebote für den Stadtteil zu entwickeln. Wir fördern die Beteiligung von Bürger*innen (Anwohner:innen-Initiativen) und unterstützen durch die Plattform „made in Gröpelingen“ Start-Ups, Selbstständige, Einzelhändler:innen.
Bei Stadtrundgängen und Stadtteil-Events bieten wir die Möglichkeit, unterschiedliche Facetten des urbanen Quartiers, seiner Geschichte etc. kennenzulernen und mit Anwohner:innen in Kontakt zu treten. Dies fördert eine positive Imagebildung und trägt zur Identifikation mit dem Stadtteil bei.
Wir beteiligen uns aktiv an nachhaltiger Stadtentwicklung (IEK, Sichere Saubere Stadt, Projekt Europa Zentral) und unterstützen dazu infrastrukturelle Maßnahmen (Urban Gardening-Projekte, Beleuchtung, Stadtmöbel, Car-Sharing, Fahrradrouten).
Unsere Treffpunkte und Häuser (Lichthaus, Torhaus Nord, Atelierhaus Roter Hahn, Nachbarschaftstreff Mosaik, Kunstkiosk etc.) fungieren als wirksames zivilgesellschaftliches Gerüst für den Stadtteil und darüber hinaus (Nachhaltigkeitsziel 17).
Nachhaltigkeitsziel 13: Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen
Ziel 13 befasst sich explizit mit dem Engagement zur Bekämpfung des Klimawandels und ist eng mit Nachhaltigkeitsziel 12 (verantwortungsvoller Konsum und Produktion) verbunden.
Die bildungspolitischen und kulturellen Angebote von Kultur Vor Ort thematisieren das Verhältnis von Klima, Umwelt und Kunst und Kultur auf unterschiedlichen Ebenen. Als Kultur-Betrieb ist uns die Bedeutung unseres eigenen ökologischen Fußabdrucks in Bezug auf den Schutz unserer natürlichen Ressourcen bewusst.
Wir fördern Car-Sharing, nutzen und verleihen Lastenbikes. In unseren Häusern und Einrichtungen verwenden wir erneuerbare Energie und haben Maßnahmen zur Energieeinsparung installiert.
Bei Veranstaltungen setzen wir unser Team No Plastic ein und verzichten auf Einweggeschirr. Wir achten auf Müllvermeidung, Mülltrennung und kooperieren gezielt mit lokalen Produzent*innen, um kurze Wege einzuhalten.
Die Themen Müllvermeidung und Entsorgung kommunizieren wir in verschiedenen Sprachen im Stadtteil und beteiligen uns an kommunalen Aufräumaktionen (Mission Orange).
Auf Veranstalterebene werben wir für nachhaltigen Tourismus und führen Rundgänge und Fahrradtouren zu ökologischen Themen im Stadtteil (ApfelKulturParadies, Bremen am Fluss) durch. Künstlerisch-kreativ befassen wir uns mit dem Thema Nachhaltigkeit in unseren Ateliergruppen und Workshops mit verschiedenen Zielgruppen.