Das war die Florale Entdeckungstour mit Rike Fischer

Am Samstag fand die erste Begehung zum Thema „Grüne(re) Orte und Aufenthaltsqualität“ in der Überseestadt statt. Bei der Floralen Entdeckungstour mit insgesamt 24 Teilnehmenden haben überwiegende Nachbar:innen die Überseestadt mit Blick auf Pflanzenvielfalt erkundet. Rike Fischer, Fan von essbaren Wildpflanzen, hat die Tour begleitet und spannende sowie wichtige Informationen rund um die vielen Pflanzen und das Grün im Quartier geliefert.

Rike Fischer
Rike Fischer

Gestartet hat die Tour bei „Jetzt Hier Quartiersentwicklung“. Ziele der Begehungen waren die Brache entlang der Barkhausenkaje sowie der Waller Sand.

Die 16 ha große Brache entlang der Herzogin-Cecilie-Allee verläuft vom Überseepark bis zum Waller Sand. Das Areal war früher der Überseehafen und wurde erst Ende der 90er zugeschüttet. Entstehen soll hier ein Gewerbegebiet. Demnächst findet die öffentliche Beteiligung zur Entwicklung des Standortes statt.

In den letzten zwanzig Jahren wurde die Brache sich selbst überlassen und es haben sich etliche Pflanzen angesiedelt.

Hasenknöpfchen
Hasenklee
nickende Distel
Nickende Distel
Natternkopf
Natternkopf

 

Außerdem ist hier ein Spazierpfad enstanden entlang der Barkhausenkaje enstanden, wo sich regelmäßig Regenwasser sammelt, dass von Schuppen 17 abgeleitet wird. Durch die gute Bewässerung hat sich hier ein Lebensraum für eine wilde Vegetation entwickelt. Der Waller Beirat hat sich schon vor einigen Jahren dafür ausgesprochen, diesen Grünstreifen zu erhalten. Sie sehen darin eine wichtige Funktion für die Artenvielfalt. Auch die Kajenwand mit Leitersprossen und anderen Ausstattungselementen soll erhalten bleiben. Hier findet man auch noch Schriftzüge und Graffiti, die von den früheren Hafenarbeitern an die Kaje gesprüht wurden.

Kajenmauer
Kajenmauer mit wilder Vegetation und „Graffiti“

Die Gruppe hat viele verschiedene Pflanzen entdeckt, einige davon essbar und andere giftig. Zwischen schmalblättrigem Jakobskreuzkraut, Hornklee, Graukresse, Rainfarn, Nachtkerzen, Seifenkraut, Schwarznessel und vielen anderen hat die Gruppe Brombeeren gepflückt und Blätter der Hagebutte probiert. Es gibt auch viele Sanddornbüsche. Es ist möglich, dass die Samen durch Sandverschüttung aus anderen Gebieten hierher gelangt sind, oder sie stammen aus der Zeit des Hafens. Auch Rucola wächst hier wild.

Wenn man dem kleinen Pfad bis zum Ende folgt, gelangt man zum Waller Sand. Das Gustaf-Erikson-Ufer wurde gerade fertiggestellt. Einige Nachbar:innen waren ganz entsetzt über die Bepflanzung „ein Schottergarten?“.

Schottergarten oder Steingarten
Schottergarten oder Steingarten

„Nein, ganz im Gegenteil“, sagt Rike Fischer „hier handelt es sich um einen artenreichen Kiesgarten. Die Bepflanzung ist perfekt abgestimmt für den Standort. Ein norddeutscher Präriegarten könnte man sagen. Einheimische Pflanzen wie die Fette Henne, Echtes Labkraut und die gelbe Resede wurden hier angemessen ihres Habitats ausgewählt.“

In Richtung Molenturm gibt es die gleiche Art der Bepflanzung, allerdings schon einige Jahre älter. Vom Kies ist nicht mehr viel zu sehen. Auf der Blühwiese Richtung Molenturm haben sich die widerstandsfähigsten Pflanzen für diesen Standort durchgesetzt, zum Beispiel Schafsgabe, gewöhnliches Leimkraut und die Wilde Möhre.

Der Spaziergang war sehr lehrreich und überraschend. Die Brache mit dem Grünstreifen an der Barkhausenkaje hat sich zu einer kleinen Wildnis entwickelt, einem Abenteuerpfad mit Geschichte. Die Bepflanzung rund um den Waller Sand und in Richtung Molenturm entpuppte sich bei genauerem Hinsehen als norddeutscher Präriegarten mit einer beeindruckenden Pflanzenvielfalt.

 

Hier alle Bilder auf einen Blick:

Zum Hintergrund der Begehungen:

Die beiden Begehungen dienen als Vorbereitung für die Veranstaltung „Zu Tisch! 50 Picknick-Tische für die Überseestadt“, die am Samstag, den 26. August von 16 bis 19 Uhr auf dem gesperrten Kommodore-Johnsen-Boulevard stattfindet. In diesem Jahr rahmen die Themen: „Grün, Grüne(re) Orte und Aufenthaltsqualität“ das Picknick. Themen, die im Austausch mit der Nachbarschaft immer sehr präsent ist. Auch in den zwei Befragungen durch Studierende im vergangenen Jahr wurde das Thema immer wieder (eher kritisch) genannt: 30,4% der 106 befragten Einwohner:innen gaben an, dass sie mit dem Thema „Grün im Quartier“ eher nicht zufrieden sind, 19,6% überhaupt nicht zufrieden. Bei der zweiten aktivierenden Befragung wurde häufiger genannt „zu wenig Grünfläche“, „fehlende Renaturierung, Grün fehlt“, „zu wenig Spielfläche“. Das Picknick lädt dazu diese Themen im Quartier ins Gespräch zu kommen, sich kennenzulernen und zu vernetzen.

Deshalb sind die zwei spannende und kostenfreie Begehungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten geplant. Die Diskussionen und Erkenntnisse aus den zwei Begehungen werden die Gespräche beim gemeinsamen Picknick anregen. Außerdem und gerade, weil es ein vielfältig diskutiertes Thema ist, werden die Touren von dem Kabarettisten und Moderator Simeon Buß sowie von dem Fotografen Nikolai Wolff begleitet. Simeon Buß wird inspiriert von den Geschichten und Eindrücken der Spaziergänge einen lyrischen Text verfassen, den er beim Fest präsentieren wird. Simeon Buß hat uns bereits im letzten Jahr begleitet, als es um die Themen „Poser, Barrierefreiheit und Mobilität“ ging. Wer letztes Jahr nicht dabei war, hier die Audiodatei aus dem letzten Jahr: https://www.kultur-vor-ort.com/aber-was-wirklich-geil-waere/  Zusätzlich ist eine Foto-Ausstellung zu den Themen auf dem gesperrten Kommodore-Johnsen-Boulevard geben.

Jetzt Hier Quartiersentwicklung ist ein Projekt von Kultur Vor Ort e.V. Es wird gefördert von der Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration. Es ist ein Baustein im Programm „Quartiere im Werden“, um soziale Infrastruktur in Neubaugebieten aufzubauen.