Leuchtend, vielfältig und gut besucht. Die 18. Ausgabe des internationalen Erzählfestivals Feuerspuren in Gröpelingen war ein voller Erfolg. Bereits am frühen Nachmittag des 10. Novembers füllte sich die Lindenhofstraße zwischen Waterfront und Gröpelinger Heerstraße mit Besucher:innen. Während einige gezielt zu bestimmten Programmpunkten eilten, um die besten Plätze zu ergattern, ließen sich andere einfach mit der Menge treiben. „Viele sind zum ersten Mal auf den Feuerspuren“, bestätigte auch Janna, die an einem der Infopoints von Kultur Vor Ort e.V. bereitwillig Auskunft erteilte und Programmhefte ausgab. „Besonders nach Angeboten für Kinder wird gefragt.“
Passend zum Festival-Motto „Wo der Mut wohnt“ stand junges Publikum auch konzeptionell im Fokus. Allein fünf von insgesamt 15 Erzählorten waren extra für Kinder und Jugendliche gestaltet, dazu gab es zahlreiche Mitmach-Angebote. So konnten beim Pavillon des Kinder- und Jugendateliers Roter Hahn und des Bürgerhaus Oslebshausens gerade noch rechtzeitig zum großen Laternenumzug eigene Laternen und Lichtobjekte „to go“ gebaut werden. Bei Einbruch der Dämmerung leuchtete der Himmel voller teuflischer Fratzen und kleiner Upcycling-Fackeln.
Für eine stimmungsvolle Illumination sorgten auch die überdimensionalen künstlerischen Lichtobjekte entlang der Straße. Sie zeigen, wie viel Herzblut und Kreativität hier jedes Jahr in vorbereitenden Werkstätten gesteckt wird.
An alle Generationen und Geschlechter richtete sich die Kunstinstallation AhnSisters. Gisela Brünker-Pérez und Dina Koper stellten ihren zum mobilen Kunstprojekt innen und außen umgestalteten Wohnwagen direkt am Bibliotheksplatz auf. Das Jahr über hatten sie Märkte und Festivals in ganz Deutschland bereist, Geschichten über die kulturelle Vielfalt der Ahninnen gesammelt, verwertet, dokumentiert und so den Retro-Wohnwagen Schicht für Schicht in ein David-Lynch-mässiges Setting aus Film, Foto, Sound und Objekten verwandelt. Gröpelingen war die letzte Station, bevor das Projekt 2025 im Gerhard-Marcks-Haus ausgestellt wird.
Die Besucher:innen konnten auch in diesem Jahr eine Vielfalt von Stimmen, Perspektiven und Orten im Stadtteil hautnah erleben. „Einige Erzählstationen waren so begehrt, dass die Raumkapazitäten innerhalb von Minuten voll waren“, so Julia Klein, künstlerische Leiterin der Feuerspuren von Kultur Vor Ort. „Aber die Gäste blieben entspannt und haben einfach woanders ihr Glück versucht.“
Neben liebevoll vorbereiteten Erzählorten und herzlichen Gastgeber:innen war auch die Bandbreite der Geschichten beeindruckend. Von faszinierenden Mythen über Märchen verschiedener Kulturkreise bis hin zu zeitgenössischen, politischen Themen. Alles wurde erzählt, in allen zur Verfügung stehenden Sprachen, mit unterschiedlichsten Mitteln.
Nicht nur professionellen Erzähler:innen wurde eine Bühne geboten, sondern auch denjenigen, die zum ersten Mal Erfahrungen und Geschichten mit einem Publikum teilten. Selbst eine KI kam als digitale Storyteller:in zum Einsatz. Gefüttert mit einigen Stichworten erklangen nach wenigen Sekunden erschreckend „echte“ Mut-Geschichten aus dem Laptop (online unter www.mokimedia.blog abrufbar).
Ebenso großartig wie die Erzählungen waren die künstlerischen Performances der Feuerakrobat:innen von LENN FEI, FIREDANCE, LOOOOP, OH WOW und FLAMBA, die von Gordon Ruff (LENN FEI) liebevoll mit ihren Kompositionen aufeinander abgestimmt wurden.
Der traditionelle Lichterumzug zu Sambaklängen der Gruppe MONTE MONJA, mit dem vor genau 30 Jahren alles angefangen hatte, bewegte sich abschließend entlang der Lindenhofstraße voller selbstgemachter Laternen und mobiler Lichtobjekte zum Bibliotheksplatz, um dort das Festival bei einer großen Abschluss-Feuershow zu beenden.
Die Feuerspuren feierten in diesem Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum. Was 1997 als „nicht-religiöses Lichterfest im November“ begann, so Lutz Liffers von Kultur Vor Ort, erweiterte sich im Laufe der Jahrzehnte um Feuershows und theatrale Darbietungen, woraus sich 2007 das internationale Erzählfestival Feuerspuren entwickelte. Mittlerweile sind die Feuerspuren nicht nur fester Termin im Bremer Veranstaltungskalender. Sie zeigen, so Lutz Liffers, gerade in der aktiven Verbindung zum Stadtteil und seinen Bewohner:innen, dass sie mehr sind als ein kulturelles Event. In Gröpelingens junger Bevölkerung gibt es viele, die den Stadtteil ohne die Feuerspuren gar nicht mehr kennen und diese auch nicht missen möchten: „Die Feuerspuren sind Gröpelingens fünfte Jahreszeit.“
Das internationale Erzählfestival lebt von seiner Beteiligung aus dem Stadtteil. Es wird gestaltet von zahlreichen Stadtteilgruppen, Kinder- und Jugendgruppen, Laternenbauer:innen und Feuerkünstler:innen, die die Erzählorte, Feuer-Showbühnen und Straßenaktionen bespielen.
Das Festival spiegelt Gröpelingen auch als Stadtteil der vielen Geschichten und Sprachen wider. Erzählt wird u.a. in den Sprachen Spanisch, Türkisch, Bulgarisch, Niederländisch, Russisch, Englisch, Farsi, Hoch- und Plattdeutsch, Arabisch, Kurdisch, durch Gebärden, Solo, im Tandem oder in der Gruppe. Mehrsprachige Geschichten und solche, die sich besonders für Kinder eignen, werden im Programm gekennzeichnet.
Das Erzählfestival FEUERSPUREN ist eine Veranstaltung von Kultur Vor Ort e.V. und dem Bürgerhaus Oslebshausen e.V. und wurden 2024 realisiert in Kooperation mit: Stadtbibliothek West, Bremer Volkshochschule West, Martinsclub Bremen, TURA Bremen, QBZ Morgenland, Gröpelingen Marketing e.V., Jetzt.Hier.Überseequartier, kek Kindermuseum, NaturKultur Bremen e.V., Verband der Erzähler und Erzählerinnen VEE e.V., LICHTHAUS GmbH, BSAG, Waterfront Bremen und Sander Center.
FEUERSPUREN 2024 wird unterstützt von: Senator für Kultur Bremen, Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation Bremen, Senatorin für Kinder und Bildung Bremen, Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration Bremen, dem Programm WiN (Wohnen in Nachbarschaften), dem Amt für soziale Dienste, der Schütting Stiftung, dem Programm „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“, der LICHTHAUS GmbH, BSAG, Waterfront Bremen und dem Sander Center. Medienpartner ist der Weser-Kurier.