von links nach rechts: Ulrike Herold von SpielLanschaftStadt e.V. und Ester Rumohr, Kultur Vor Ort e.V.

Gemeinschaft und Spiel: Ein Interview mit Esther Rumohr zum neuen Nachbarschaftstreff im Liegnitzquartier

Im Herzen des Liegnitzquartiers in Gröpelingen gibt es einen neuen Treffpunkt, der das soziale Miteinander im Viertel stärken soll. Unter der Leitung von Esther Rumohr bietet der Nachbarschaftstreff in der Liegnitzstraße 43 zahlreiche Aktivitäten und Programme für Kinder und Erwachsene. Besonders hervorzuheben ist die Spielstraße, die von Juni bis Juli immer dienstags von 16 bis 18 Uhr stattfindet. In diesem Interview spricht Esther Rumohr über die Spielstraße, die Herausforderungen bei der Umsetzung und die Bedeutung von Gemeinschaftsprojekten im Stadtteil. Wir danken SpielLandschaftStadt e.V., dem Gröpelinger Beirat und WIN – Wohnen in Nachbarschaften für ihre Unterstützung und die gute Zusammenarbeit, die dieses Projekt möglich machen.

 

Unterscheidet sich die Spielstraße von anderen Projekten von Kultur vor Ort? Worin liegt der Vorteil eines Projekts, das sich auf der Straße abspielt? Welche Überlegungen sind der Spielstraße vorausgegangen?

Esther Rumohr: Die Spielstraße ist ein besonderes Projekt von Kultur vor Ort, weil sie direkt im öffentlichen Raum stattfindet. Im Gegensatz zu vielen anderen Projekten, die oft in Innenräumen durchgeführt werden, ermöglicht die Spielstraße Kindern, die Straße zum Spielen zu nutzen. Der Vorteil liegt darin, dass sie an die frische Luft kommen und ihre Umgebung aktiv erleben können. Außerdem stärkt es das Gemeinschaftsgefühl, weil die Nachbar:innen die Straße gemeinsam nutzen.

 

Gibt es außer dem Autoverkehr noch andere Hindernisse, die Kinder davon abhalten, auf der Straße zu spielen?

Esther Rumohr: Ja, definitiv. Oftmals sind es auch die beengten Wohnverhältnisse und mangelnde sichere Spielmöglichkeiten, die Kinder davon abhalten. Zudem gibt es manchmal Unsicherheiten bei den Eltern, was die Sicherheit ihrer Kinder betrifft, sowie fehlende soziale Kontakte, die das Spielen im Freien einschränken.

 

Was brauchen die Menschen in der Nachbarschaft, um sich als Teil des Viertels zu fühlen?

Esther Rumohr: Menschen brauchen vor allem Orte der Begegnung und des Austauschs. Sie müssen sich willkommen und sicher fühlen. Das Gefühl, ein Teil einer Gemeinschaft zu sein, entsteht durch regelmäßigen Kontakt, gemeinschaftliche Aktivitäten und die Möglichkeit, sich einzubringen. Deshalb sind unsere Angebote kostenlos und offen für alle, um niemanden auszuschließen.

 

Was ist der Ansatz von Kultur vor Ort? Wie ist Kultur Vor Ort entstanden?

Esther Rumohr: Kultur vor Ort wurde ins Leben gerufen, um soziale und kulturelle Projekte in Bremen zu initiieren und zu betreiben. Unser Ansatz ist es, niedrigschwellige Angebote zu schaffen, die Menschen unabhängig von Alter, Herkunft oder sozialem Status zusammenbringen. Wir wollen Barrieren abbauen und Räume für Begegnungen schaffen, in denen sich jeder willkommen fühlt.

 

Gab es behördliche Hürden für das Projekt der Spielstraße?

Esther Rumohr: Ja, es gab einige bürokratische Herausforderungen, insbesondere bei der Genehmigung zur Nutzung der Straße für Spielzwecke. Wir mussten viele Gespräche führen und überzeugende Konzepte vorlegen, um sicherzustellen, dass die Sicherheit der Kinder gewährleistet ist und gleichzeitig die Anwohner:innen eingebunden werden. Glücklicherweise hat uns SpielLandschaftStadt e.V. sehr bei der Umsetzung unterstützt und uns durch den gesamten Prozess begleitet.

 

Verhalten sich Kinder draußen anders als drinnen? Was macht das Spielen auf der Straße mit der Gruppendynamik?

Esther Rumohr: Absolut. Draußen haben Kinder oft mehr Freiraum und fühlen sich weniger eingeschränkt. Das Spielen auf der Straße fördert die Gruppendynamik, weil die Kinder mehr Raum für kreative und kooperative Spiele haben. Sie lernen, miteinander zu kommunizieren, Konflikte zu lösen und gemeinsam Spaß zu haben.

 

Brauchen die Kinder Anreize zum Spielen auf der Straße? Braucht es mehr Betreuung oder vielleicht weniger?

Esther Rumohr: Kinder sind von Natur aus neugierig und spielfreudig. Oft reichen schon einfache Materialien oder Anregungen, um sie zu motivieren. Die Betreuung sollte präsent sein, aber nicht übermäßig kontrollierend. Es geht darum, ihnen die Freiheit zu geben, selbstständig zu spielen, während sie gleichzeitig wissen, dass sie Unterstützung bekommen können, wenn sie sie brauchen.

 

Ist denkbar, dass die Spielstraße um Angebote für Erwachsene ergänzt wird?

Esther Rumohr: Ja, das ist durchaus denkbar und wird auch bereits umgesetzt. Neben der Spielstraße gibt es viele Angebote im Treff für Kinder und Erwachsene. Mittwochs, donnerstags und samstags können Kinder Spielsachen aus einem Container ausleihen, den wir zusammen mit der Spielplatzinitiative e.V. betreiben. Bei schlechtem Wetter gibt es kreative Aktivitäten im Innenbereich. Zusätzlich kommt am Freitag das mobile Atelier, das den Kindern die Möglichkeit bietet, künstlerisch aktiv zu werden. Und donnerstags gibt es offene Beratung für Erwachsene. Hier unterstützen wir bei Fragen zur Weiterbildung oder zum Arbeitsmarkt. Das Angebot wird kontinuierlich ausgebaut, und kreative Ideen von Nachbar:innen sind immer willkommen, um das Liegnitzquartier noch lebendiger zu gestalten.

 

Warum wurde Gröpelingen als Standort gewählt?

Esther Rumohr: Gröpelingen ist ein Stadtteil mit einer vielfältigen Bevölkerung und vielen sozialen Herausforderungen, aber auch mit einem großen Potenzial für Gemeinschaftsprojekte. Es gibt hier viele Familien und Kinder, die von solchen Angeboten profitieren können. Wir möchten einen positiven Beitrag zur Entwicklung des Viertels leisten.

 

Was ist ein guter Weg, um Akzeptanz für neue Projekte zu bekommen?

Esther Rumohr: Transparenz und Einbindung der Nachbar:innen sind entscheidend. Es ist wichtig, die Menschen von Anfang an mitzunehmen, ihre Meinungen und Ideen zu hören und sie aktiv in die Planung und Umsetzung einzubeziehen. Regelmäßige Informationsveranstaltungen und offene Dialoge helfen dabei, Vertrauen zu schaffen und Akzeptanz zu fördern.

 

Warum sollte die Straße (temporär) den Kindern gehören?

Esther Rumohr: Die Straße den Kindern zu überlassen, schafft Freiräume für kreatives und freies Spielen. Es gibt ihnen die Möglichkeit, sich auszutoben, ihre Umgebung zu erkunden und soziale Fähigkeiten zu entwickeln. Zudem zeigt es der Gemeinschaft, dass Kinder einen wichtigen Platz in unserer Gesellschaft haben und ihre Bedürfnisse ernst genommen werden.

 

Gefördert wird die Umsetzung der temporären Spielstraße durch die Gemeinschaftsaktion „SpielRäume schaffen“ – ein Projekt des Deutschen Kinderhilfswerks und der Bremer Jugendsenatorin.

In Kooperation mit:  SpielLandschaftStadt e.V. und Beirat Gröpelingen

Treff Liegnitzstraße 43
Liegnitzstraße 42
28237 Bremen

Projektleitung: Esther Rumohr
M 0157-39682351
rumohr@kultur-vor-ort.com

Gefördert von Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration, Amt für Soziale Dienste (WIN Wohnen in Nachbarschaften), Sozialzentrum Gröpelingen/Walle, Ortsamt West, Senatorin für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung & Deutsches Kinderhilfswerk